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Gerberei im Mittelalter

Leder-Gerbung in Antike und Mittelalter

Der Gebrauch von Häuten und Fellen reicht bis in die Anfänge der Menschheit zurück, denn tierische Häute erhielten die Menschen ganz einfach als Nebenprodukt der Jagd, und sie wussten deren Möglichkeiten schon früh zu nutzen. Die Anfänge der Gerberei kann vermutlich bereits in die Steinzeit datiert werden, wo die Häute durch Räuchern oder mit Hilfe von Fett haltbar gemacht wurden.

Bei den Ägyptern ist die Verarbeitung von Fellen und Häuten bereits aus der Zeit vor 5000 v. Chr. nachgewiesen. Die konservierenden Eigenschaften von Alaun und gerbstoffhaltigen Pflanzen waren seinerzeit schon bekannt. So gibt es verschiedene Abbildungen aus Gräbern um 1600 v. Chr., die die Herstellung von Leder zeigen.

Die ältesten schriftlichen Überlieferungen über die Lederherstellung stammen von den Griechen (1200 v. Chr.) und den Assyrern (700 v. Chr.), wobei die Griechen das Leder noch mit Vegetabilgerbung und Fettgerbung herstellten. Erst die Römer benutzten als Gerbmaterialien dann bereits eine Vielzahl verschiedener Gerbstoffe, wie Kiefern-, Erlen- und Granatbaumrinde, Galläpfel, Sumach und Eicheln.

Aufgrund des damit verbundenen unangenehmen Geruchs, der unhygienischen Arbeitsbedingungen und der Umweltbelastung, wie wir heute sagen würden, war das Gerberhandwerk bei den Römern nicht sehr geachtet und die Arbeit wurde in erster Linie von Sklaven verrichtet.

Im Mittelalter erreichten die Gerbereien bereits eindrucksvolle Größen und überall in Europa entstanden in der Nähe von Klöstern und Städten zahlreiche Lederwerkstätten.  Die Gerberei war jedoch - immer noch - ein schmutziges und im wahrsten Sinne des Wortes "anrüchiges Gewerbe"!

Und die Gerber mussten sich in den Städten daher in eigene Viertel, oft am Rande der Stadt und zumeist in Flussnähe gelegen, zurückziehen. Die Gerberei gehörten zu den sog. unreinen Handwerken.

Als Gerber konnte man sich durch verunreinigte Häute leicht mit Milzbrand und anderen Krankheiten infizieren, doch ein Arbeiter, der einmal den Milzbrand überlebt hatte, war sehr wertvoll, denn er konnte nicht wieder daran erkranken und genoss daher eine bessere Behandlung durch seinen Meister.

Im Laufe des Mittelalters regelte das Zunftwesen den Markt und die Technik der Gerberei, so dass sich ab dem 14. Jahrhundert die Bereiche der Lederherstellung und der Lederverarbeitung schließlich voneinander trennten und in der Folge spezialisierte Berufe wie der Rotgerber, Weißgerber, Corduaner, Sämischgerber und der Pelzzurichter entstanden.

Was versteht man eigentlich unter Gerben?

Als Gerben bezeichnet man die Verarbeitung von rohen Tierhäuten zu Leder durch den Einsatz von Gerbstoffen, wodurch die Tierhaut eine Wasser- und Fäulnisbeständigkeit erhält. Bei der Gerbung werden die Eiweißfasern in Lederfasern umgewandelt. Diese stabilisieren das Hautgefüge und es bilden sich Lederfasern - aus der Tierhaut entsteht strapazierfähiges Leder.

Die so bearbeitete Tierhaut erhält hervorragende Eigenschaften, als da sind: Konservierung, also die Beständigkeit gegen die natürliche Selbstzersetzung durch Mikroorganismen, eine starke Verminderung der Quellung bei Kontakt mit Wasser und eine erhöhte Beständigkeit beim Erhitzen im nassen Zustand.

Letzteres machten sich schon die frühen Menschen zu Nutze. So erhitzte man Wasser ganz einfach dadurch, dass man in den gefüllten Lederbeutel die im Lagerfeuer erhitzten Steine warf. Knochen, Fleisch, Fett, Kräuter und Gemüse dazu - so wurde am Lagerfeuer auch Suppe gekocht.

Durch die Gerbung wird die tierische Haut zugleich fest und doch dehnbar, Eigenschaften, auf die es bei der Weiterverarbeitung ankommt. Festigkeit und Dehnbarkeit sind stark von der Qualität der Rohware, der verwendeten Tierhaut und dem jeweiligen Gerbverfahren bestimmt.

Die Herstellung von Leder im Mittelalter

Die Tierhaut besteht aus drei Lagen, der Oberhaut, der Lederhaut und der Unterhaut.

Die Lederhaut hat über die gesamte Fläche oft erhebliche Unterschiede im Gefüge, so ist der Bereich am Rücken, auch Kern oder Croupon genannt, dichter und fester und galt und gilt immer noch als das beste Leder, während die Bauchseiten und Achseln nur eine sehr lockere Struktur haben und wenig wertvoll sind.

Der Hals, also die Nackenpartie, war von der Qualität her für die meisten Lederprodukte ausreichend gut geeignet und wurde sehr häufig verwendet.

Nach dem Häuten wurden die Rohhäute zunächst beschnitten und diejenigen Teile entfernt, die zur Lederherstellung nicht taugten. Dann wurden die Häute mit Salz konserviert, um den organischen Verfall zu stoppen. Alternativ konnten die Häute auch getrocknet werden, oder sie wurden sofort an Ort und Stelle weiterverarbeitet, wodurch sich eine Konservierung erübrigte.

In der Wasserwerkstatt der Gerberei wurden nun die störenden Haut-Bestandteile, Haare, Unterhautbindegewebe und Fett entfernt. Dazu kamen die Häute im ersten Arbeitsgang in die sog. Weiche, d. h. sie wurden zum Säubern in Wasser eingelegt, wobei die Haut auch wieder ihren ursprünglichen, natürlichen Wassergehalt zurückerhielt.

Zur Entfernung der behaarten Oberhaut und zur Auflockerung des Fasergefüges wurde die Haut dann einige Stunden bis Tage in den Äscher gelegt, wo sie durch Kalkmilch aufgeschlossen wurde. Dabei galt, je intensiver der Hautaufschluss, desto weicher das Leder. Die geweichte und enthaarte Haut bezeichnete man nunmehr als Blöße.

Auf dem Gerberbaum wurde die Haut "mit Muskelschmalz und Schweiß" schließlich "entfleischt", d. h. alles noch an der Haut haftende organische Gewebe wurde mechanisch entfernt. So blieb am Ende nur noch die Lederhaut übrig. Nichts kam um - die beim Entfleischen anfallenden Abfälle und die minderwertigen Stücke der Haut, das "Leimleder", wurden zu Hautleim und Gelatine weiter verarbeitet.

Da die Haut durch die alkalische Behandlung im Äscher stark aufgequollen war, musste sie nun in den Entkälker gegeben werden, wo die Kalkmilch aus der Haut entfernt und der pH-Wert wieder weitgehend neutralisiert wurde. Das war erforderlich, um die Haut wieder in ihren natürlichen Quellungszustand zurückzubringen und die Voraussetzung dafür, dass die nun zum Einsatz kommenden Gerbstoffe in die Haut eindringen konnten.

Die unterschiedlichen Gerbstoffe erforderten jeweils verschiedene Gerbverfahren.
Bei der pflanzlichen Gerbung, der Lohg- oder Rotgerbung, wurden Pflanzenteile wie Kastanien- und Eichenholz oder Rindengerbstoffe zur Herstellung einer Gerberlohe gebraucht. Die pflanzlichen Gerbmittel mussten vor der Gerbung in einer Lohmühle zuvor gemahlen und die Inhaltsstoffe mit Wasser ausgelaugt werden.

Das Gerben mit Vegetabilgerbstoffe erforderte ein behutsams Vorgehen: Zunächst erfolgt die Vorgerbung mit einer nur wenig konzentrierten und durch vorhergehende Gerbungen bereits "ausgezehrten" Gerbbrühe, also mit einer schwächeren Konzentration der Inhaltsstoffe. Die Fasern der Haut sollen sich nicht schon zu Beginn der Gerbung zu stark mit Gerbstoff sättigen.

In mehreren Schritten erfolgte dann im sogenannten Farbengang die eigentliche Ausgerbung mit gemahlener Lohe und zunehmend konzentrierteren Brühen in Gerbgruben, was seinerzeit bis zu zwölf Monate andauern konnte, wollte man ein sehr hartes und festes Leder erzeugen.

Bei der Fettgerbung, der sogenannten Sämischgerbung, wurden spezielle Öle mit gerbender Wirkung, z.B. Trane oder Hirnmasse, in die Häute eingewalkt, also Hand eingearbeitet. Waren die Häute ausreichend mit dem Gerbstoff durchdrungen, oxidierten die Öle und entfalteten ihre gerbende Wirkung. Nach dem Trocknen der Haut wurden die überschüssigen Gerbstoffe wieder ausgewaschen und die Häute erneut getrocknet.

Danach musste das fertige Leder durch Walken wieder geschmeidig gemacht werden. Sämisch gegerbtes Leder ist angenehm weich und zeichnet sich durch einen besonders samtigen Flor aus und ist auch heute noch beliebt als Leder für Bekleidung.

"Moderne" Gerbeverfahren, die mit Mineralsalzen wie Aluminiumsalz und Chrom-III-Salzen, wurde erst im 19. Jh. entwickelt, und sind heute die wichtigste Gerbemethoden. Doch auch vegetabile Gerbung wird nach wie vor in großem Umfang betrieben. Sämisch gegerbtes Leder ist uns heute noch aus der süddeutschen Trachtenmode bekannt.

Gerbverfahren heute

Die traditionellen Gerbverfahren sind zum Teil uralt und ein Teil der Menschheitsgeschichte. Sie lassen sich dabei nach den für sie relevanten Gerbstoffen wie folgt einteilen:

Loh- oder Rotgerbung: Diese erfolgt durch pflanzliche Stoffe, z. B. Auszügen aus Rinden, Hölzern, Blättern und Früchten und wird insbesondere bei kräftigen Rinderhäuten angewandt, was zu einem sehr festen, langlebigen und robusten Leder führt, das durch den Gebrauch eine charakteristische Patina erhält.

Man bezeichnet diese mit pflanzlichen Gerbstoffen hergestellte Leder daher auch als vegetabil gegerbt. Solche Leder entstehen in Faßgerbung, Grubengerbung oder Altgrubengerbung, wobei letztere die härtesten und festesten Leder, zum Beispiel für Schuhsohlen hervorbringt, wohingegen die bei vergleichsweise kurzer Zeit im Fass gegerbten Leder eher weich und geschmeidig sind.

Sämischgerbung: Diese arbeitet mit Fett oder Tran und wird hauptsächlich bei Hirsch-, Reh-, Schaf- und Ziegenhäute verwendet. Sämisch gegerbtes Leder ist besonders weich und geschmeidig und hat eine fast schon textile Beschaffenheit. Das Leder kann sogar gewaschen werden, ohne Schaden zu nehmen.

Alaun- oder Weißgerbung: Diese mineralische Gerbung arbeitet mit Alaunstein und wird vor allem bei Kleintierfellen angewandt. Die Alaungerbung ergibt ein helles Leder von schöner Weichheit. Eigentlich handelt es sich dabei aber nur um eine Konservierung, da durch Feuchtigkeit das Alaunsalz wieder ausgewaschen werden kann.

Chromgerbung: Eine mineralische Gerbung jüngeren Datums, die erst im 19. Jahrhundert entwickelt wurde und mit Chrom- und anderen mineralischen Salzen arbeitet. Die Gerbzeit ist sehr kurz und ergibt unter anderem ein leicht zu verarbeitendes, geschmeidiges, ja fast schon tuchartiges Leder.

Daneben gibt es heute auch kombinierter Varianten der Loh-, Sämisch- und Alaungerbung, sogenannte Kombigerbungen, bei denen je nach gewünschtem Endprodukt Gerbzeiten und Materialien variiert werden.

Verfasst von Peer Carstens, Dippoldiswalde 2011

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