Geschichte, Tracht und Sitte bei den germanischen Alamannen
Die Alamannen - ein germanisches Volk
Im dritten nachchristlichen Jahrhundert ist von römischen Geschichtsschreibern bekannt, dass die Alamannen oder Alemannen ein gemischtes Volk verschiedener germanischer Stämme war, was auch in ihrem Namen Ausdruck fand: Alle Mannen."Die Alamannen" waren somit also nicht alle von derselben Abstammung und gleichen Herkunft, sondern vielmehr ein Konglomerat aus Angehörigen verschiedener germanischer Völkerschaften, das sich in der Zeit um 200 n. Chr. in der Umgebung der römischen Provinzen Raetien und Obergermanien gebildet hatte.
Viele jener Germanen stammten damals aus den Siedlungsgebieten suebischer Stämme beiderseits der Elbe, weshalb die Alemannen häufig auch als Sueben bezeichnet wurden, woraus später der Begriff "Schwaben" entstand. Es gab bei den Alemannen aber ebenso auch Gruppen ostgermanischer Herkunft. Und so ist es naheliegend, dass der Stammesverband nicht unter einer zentralen Führung stand.
Er war vielmehr in allerlei Teilstämme gegliedert, an deren Spitze jeweils ein eigenständige Häuptlingen stand.
Dieser alamannische Stammesverband stand nun an den Grenzen Roms im Angesicht der üppigen Reichtümer und wohlgeordneten Lebensverhältnisse in den römischen Provinzen! Und es dauerte nicht lange, bis die Alemannen 260 n. Chr. die römische Grenzbefestigung überrannten, das fruchtbare Land zwischen Limes, Rhein und Donau für sich in Besitz nahmen, und es für zwei Jahrhunderte beherrschten.
Als schließlich durch den Druck der Völkerwanderung, um die Mitte des 5. Jahrhunderts, die römische Herrschaft am Rhein zusammenbrach, dehnten sich die Alamannen über die Flussgrenze weit nach Westen aus.
Die Alamannen brachten zeitweilig sogar Mainz, die Hauptstadt der ehemaligen Provinz Germania Prima in ihre Gewalt. Denn als im Jahr 368 aufgrund eines kaiserlichen Feldzuges Mainz von seiner militärischen Besatzung entblößt und die Einwohnerschaft zudem durch die Feier eines kirchlichen Festes in Anspruch genommen war, konnte sich Rando, der Sohnes eines alemannischen Stammesfürsten, mit einer kleinen beherzten Schar der Stadt bemächtigen und mit reicher Beute abziehen.
Allmählich dehnte sich das Herrschaftsgebiet der Alamannen von Süddeutschland immer weiter nach Nordwesten aus, und erst der Zusammenstoß mit der überlegenen Macht der germanischen Franken in der Schlacht bei Zülpich um 480 n. Chr. stoppte den alemannischen Expansionsdrang.
Die Franken drängten den alamannischen Herrschaftsbereich in mehreren Etappen Stück um Stück nach Süden zurück, bis am Ende des 5. Jh. n. Chr. die Mainmündung fest in fränkischer Hand war.
War bei den frühen Bevölkerungsgruppen der Alemannen, von einigen Ausnahmen abgesehen, seit jeher die Brandbestattung als Einzelbestattung üblich gewesen, so änderte sich das im Laufe des 5. Jahrhunderts, es entstanden ganze Gräberfelder. In praktisch allen Gräbern waren die Verstorbenen in Richtung Osten bestattet, in der Regel flach ausgestreckt auf dem Rücken liegend, und in der Regel reichlich versehen mit persönlichem Schmuck und anderen Beigaben.
In der archäologischen Fachsprache werden diese Bestattungen oftmals als Reihengräberfelder bezeichnet. Einige von ihnen wurden zwar nach einiger Zeit wieder aufgegeben, und auch die alte Sitte der Einzelbestattung lebte nebenher noch eine Weile weiter.
Doch mit dem Beginn des 6. Jahrhunderts setzte sich das Reihengräberfeld als die allgemein übliche Form der Totenbestattung schließlich durch, so dass wir heute auf einen reichen Schatz an Grabbeigaben zurückblicken können, die uns ein gutes Bild vom Leben der Alemannen in jener Zeit vermitteln.
Denn auch nach dem Tode hatte der freie Germane ein Anrecht auf eine angemessene, seinem sozialen Status entsprechende äußere Erscheinung und wurde demzufolge in derjenigen Gewandung beigesetzt, die seinem Alter, dem sozialem Rang und Geschlecht zukam. Hinzu konnte der eine oder andere Gegenstand aus dem persönlichen Lebensumkreis kommen. Für den Weg ins Jenseits wurden dem Verstorbenen die wichtigsten persönliche Wertgegenstände mit ins Grab gegeben und auch Speise und Trank gehörten zu den üblichen Grabbeigaben.
Die Grabfunde vermitteln uns einen hervorragenden Eindruck von der Tracht der Menschen zur damaligen Zeit, da es bei den Germanen Sitte war, die Menschen in ihrer kompletten Tracht mit allen Accessoires wie Messern, Waffen und Schmuck beizusetzen.
Ein besonders wichtiges Element der alemannischen Tracht stellten dabei sogenannte Bügelfibeln dar, mit denen ein auf der Vorderseite durchgehend offenes kaftanartiges Kleidungsstück verschlossen wurde. Knöpfe waren zwar auch bei den Alemannen bereits bekannt, sie wurden jedoch nicht zum Verschließen der Kleidung verwendet.
Diese Fibeln wurden dabei am Halsausschnitt in der Regel immer paarweise übereinander getragen. Darüber hinaus gab es auch größere Fibeln, die dazu dienten den Umhang zu verschließen, oder in der Höhe der Taille getragen zur Befestigung verschiedener Gegenstände des täglichen Bedarfs, wobei die Fibel zumeist mit dem breiten Kopf nach unten getragen wurde.
So trugen alemannische Frauen als Bestandteil ihrer Tracht verschiedene Toilettenartikel an dünnen Bändern aus Leder oder Stoff sichtbar und griffbereit am Gürtel oder an den oberhalb von diesem festgesteckten Fibeln. Das waren z. B. Kämme aus Hirschgeweih, Bronzepinzetten und Pfrieme, aber auch Schutzamulette, Schlüssel und natürlich das obligatorische Messer.
Anders als die Frauen hatten die alemannischen Männer ihre Messer, die erheblich größer als die der Frauen ausfielen, direkt am Gürtel zusammen mit einer Gürteltasche oder in einem Nebenfutteral der Schwertscheide. Als typische Waffe trug der alemannisch Mann das Scramasax, ein großes, einschneidiges Hiebschwert und in den Gürtel gesteckt eine elegant geschwungene Wurfaxt, die sogenannte Franziska. Weitere Waffen waren neben dem Speer und der Wurflanze auch Pfeil und Bogen.
Im Gegensatz zu den kostbaren und oft aufwändig verzierten Fibeln wurde mit den Gürtelschnallen hingegen nur wenig Aufwand betrieben. Selbst die Gürtelschnallen der Frauentracht waren recht schlicht und schienen keine schmückende Funktion gehabt zu haben, vielleicht verschwand die Schnalle auch einfach unter den Falten des Gewandes und war somit nicht weiter sichtbar. Doch natürlich gab es auch kostbare Ausführungen von Schnallen, auch wenn diese nicht die Regel waren.
Durch die Nähe zur römischen Zivilisation verwendeten die Alemannen häufig Tongefäße, die in ihrer Machart römischer Keramik sehr stark ähnelten, so dass sogar terra sigillata gebraucht wurde, Keramik also, die mit einem rot gebrannten Glanztonüberzug versehen und typisch römisch war.
Ebenso kommen Gefäße aus terra nigra bei den Alemannen vor, eine Keramik mit schwarzer oder schwarzgrau glänzender Oberfläche, die in spätantiker Zeit in den römischen Grenzprovinzen und im angrenzenden Barbarenland besonders beliebt war, und die hier wie dort in großem Umfang gefertigt wurde.
Insbesondere Schalen und Becher wurden in dieser Technik gefertigt, wobei sowohl auf der Drehscheibe getöpfert, als auch aus freier Hand geformt wurde.
Andere Töpfe und Schalen wurden aus gemagertem, also mit Stroh versetzten Ton, als sogenannte rauwandige Ware gefertigt, die als robuste Gebrauchskeramik in Bezug auf Bruchfestigkeit und Hitzebeständigkeit hervorragend für den täglichen Gebrauch geeignet war. Solche Gefäße wurden oftmals über weite Strecken transportiert und stammten zuweilen aus linksrheinischen Manufakturen, dieTöpferware nun über Handelskontakte im alemannischen Raum verbreiteten.
Weitere Gefäße im alemannischen Haushalt waren Bronzebecken, die sich zuweilen in reichen Frauengräbern fanden, und die vielleicht als Tafelgeschirr gebraucht wurden, oder als Waschschalen dienten.
Glasgefäße dürften sich nur die oberste Schicht geleistet haben können. Diese wurden aus linksrheinischen Werkstätten erworben, wo sich in der Spätantike mehrere römische Manufakturen angesiedelt hatten.
Text- und Bildnachweis: Die Alemannenfunde von Eschborn mit freundlicher Genehmigung.
www.historische-eschborn.de