Der germanische Brakteat
Über die Brakteaten der Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters
Der Begriff Brakteat stammt von lateinisch bractea für dünnes Metallblech und ist eine Art Medaille oder Münze, die bei den Germanen weite Verbreitung hatte.Das gemeinsame Merkmal aller Brakteaten ist, dass sie nur einseitig geprägt waren, im Gegensatz zum Denar, der doppelseitig geprägt wurde. Die einseitige Darstellung bei den Brakteaten entstand dabei durch das Prägen auf einer weichen Unterlage wie Blei.
Brakteaten wurden vorwiegend in Nordeuropa hergestellt und waren am Ende der germanischen Eisenzeit während der Völkerwanderung bis zur Vendelzeit von 500 bis 700 n. Chr. weit verbreitet. Das Gold für die Brakteaten stammten dabei vorwiegend aus Münzen des römischen Reiches, die durch Handel, Sold oder Tribut in den Norden gekommen waren.
Der Brakteat des 5. und 6. Jahrhunderts war eine einseitig geprägte kreisrunde Schmuckscheibe aus Edelmetall und im Grunde die germanische Imitation spätantiker Medallions aus der römischern Kaiserzeit. So trugen frühe Brakteaten oft ein verzerrtes Bildnis der römischen Kaiser das sich im Laufe der Zeit zu einer eigenständigen Kunstform wandelte.
Neben der Abbildung von Figuren oder Göttern kamen auch Schweine, Vögel, Pferde und Fantasiegebilde auf den Brakteaten vor. Etwa ein Drittel aller Brakteaten trugen zudem Runen, die sich jedoch nur teilweise deuten lassen, und dienten vermutlich als magische Schutzamulette.
Oft auf Brakteaten dargestellt ist auch eine Figur mit einem Pferd, Lanze und Vögel, die wahrscheinlich den germanischen Gott Wotan darstellt.
Etwa 1000 solcher Brakteaten sind bekannt, wovon die meisten aus der Völkerwanderungszeit und aus dem skandinavischen Kulturraum stammten.
Sie werden wie folgt unterschieden:
A-Brakteat (ca. 92 Exemplare): Zeigt das Gesicht eines Menschen, nach einem antikem Vorbild aus dem römischen Kaiserreich.
B-Brakteat (ca. 91 Exemplare): Zeigt eine menschliche Figuren stehend, sitzend oder kniend, die oft von Tieren begleitet ist.
C-Brakteat (am besten vertreten, ca. 426 Exemplaren.): Zeigt einen männlichen Kopf, der als der germanischen Gott Wotan interpretiert wird, über einem Pferd.
D-Brakteat (ca. 359 Exemplare): Zeigt ein oder mehrere stark stilisierte Tiere
E-Brakteat (ca. 280 Exemplare): Zeigt eine Triskele in Tiergestalt.
F-Brakteat (ca. 17 Exemplare): Zeigt als eine Untergruppe der D-Brakteaten ein imaginäres Tier.
M-Brakteat (ca. 7 Exemplare): Zeigt eine zweiseitige Imitation von Medaillons der römischen Kaiserzeit.
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In der Völkerwanderungszeit wurde häufig ein und das selbe Motiv in vielen verschiedenen, aber ähnlichen Variationen in allen Gebieten Europas kopiert, wie es gut für den Brakteat von Vadsten aus Dänemark belegt ist, desen Darstellung von Kopf mit Pferd als Wotan-Amulett selbst in Südeuropa verbreitet war.
Viele Brakteate wurden auch in geteilter Form gefunden, besonders in Hortfunden, was darauf hindeutet, das Brakteate zum Handeln einfach im Wert verkleinert werden konnten.
Während frühe Brakteaten zumeist mit einer Öse versehen waren und als Amulett getragen wurden, bekamen die Brakteaten am Übergang zu Mittelalter mehr und mehr eine Bedeutung als Währung und wurden als eine Münzen gearbeitet. Um die Mitte des zwölften Jahrhunderts tauchten in Skandinavien unter dem Dänischen König Sven Grathe schließlich einseitig geprägte Silbermünzen als Münzwährung auf.
In der Hauptsache ist die Entwicklung der Brakteaten-Geldwirtschaft jedoch eine Erscheinung, die eher im deutschsprachigen Raum Verbreitung fand, denn die nordischen Ansätze erloschen nach einiger Zeit wieder, ohne jemals eine größere Bedeutung erlangt zu haben.
Mittelalterliche Brakteate werden auch Hohlpfennig oder Schüsselpfennig genannt und sind einseitig aus dünnem Silberblech geprägte Pfennige. Sehr selten gab es auch Hohlpfennige aus Gold oder Kupfer.
Diese Brakteate hatten einen Durchmesser von 22 bis 45 mm, wobei das Münzbild in einem hohen Relief erschien, während die Rückseite komplett hohl war.
In Norddeutschland waren solche Brakteaten vermutlich schon im 10. Jahrhundert von den Dänen oder Slawen als Münzwährung übernommen worden und waren vom 12. bis ins 16. Jh. fast im gesamten deutschsprachigen Raum verbreitet, mit Ausnahme des Rheinlands und der angrenzenden Gebiete.
Im Mittelalter gab es drei Werte: ein Zweipfennigstück, der sogenannte Blaffert, den ein aufwändig gearbeitetes Bild zierte, das Einpfennigstück, auch Hohlpfennig genannt, mit einem eher groben Bild, und kleinere Hohlmünzen im Wert von einem halben Pfennig, die Scherf genannt wurden. Allen Brakteaten ist gemeinsam, dass sie mit gebogenem Rand geschlagen wurden und weder Wertzahl noch Text trugen, allenfalls einige Buchstaben. Das Material ist fast ausschließlich Silber.
Interessant ist, dass die mittelalterlichen Brakteaten in regelmäßigen Abständen, ein oder zweimal im Jahr, eingezogen und gegen neue Münzen ausgetauscht wurden, wobei man für vier Brakteaten nur drei zurück erhielt. Dies sollte dazu beitragen, das die Menschen ihr Geld nicht horteten, da die Münzen ja ihren Wert verloren. Vielmehr sollten die Brakteaten als Tauschmittel gebrauchten und dadurch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und somit die Wirtschaft stimulierten werden.
Die Herstellung der Brakteaten war einem Münzmeister übertragen, der von Fürstenhof zu Bischofsitz zog und dort seine Kunstfertigkeit zu Dienste stellte. Daneben gab es auch eine Anzahl von Prägestätten des Reiches. So ließ z. B. König Barbarossa seine prachtvollen Brakteaten in den kaiserlichen Münzstätten in Aalfeld, Altenburg, Mühlhausen und Nordhausen schlagen.
Die ungenehmigte Herstellung von Brakteaten wurde im Mittelalter sehr streng, mit dem Abhacken der Hand, geahndet.
Nach der mittelalterlichen Münzverfassung, wie im Sachsenspiegel niedergelegt, war es rechtens, eine Änderung der Münzen vorzunehmen, wenn es einen neuen Herrscher gab und den Rechtsbrauch, die umlaufenden Münzen einzufordern und gegen neue Münzen einzutauschen.
Im Gegensatz zur Herstellung von Münzen mit beidseitiger Prägung, war es recht einfach einen Brakteaten anzufertigen. Man benötigte hierfür keinen Unterstempel, sondern nur eine weiche Unterlage, z. B. aus Blei, auf die ein eiserner Stempel mit dem jeweiligen Motiv auf den Münzrohling aufgesetzt und der Brakteat durch einen kräftigen Schlag mit dem Hammer somit seine Prägung erhielt.
Zeitlich vor den Brakteaten wurden die sogenannten Halbbrakteate gefertigt, die mit Ober- und Unterstempel geschlagen wurden, jedoch auf so dünne Platten, dass nur die Vorderseite gut zu erkennen war, wohingegen sich die Rückseite durchdrückte und so eine nur schwer entzifferbare Mischung hinterließ. So verzichtete man alsbald auf den Unterstempel und die Brakteaten traten ihre fünfhundertjährige Laufbahn an, bis sie im Laufe des Mittelalters schließlich von den doppelseitigen Münzen abgelöst wurden.
Im Gegensatz zum Brakteaten gebrauchte man zum Prägen von Münzen einen sogenannten Stempel, der aus einem beweglichen Ober- und einem feststehenden Unterstempel bestand.
In der Regel wurden Münzen im Mittelalter mit dem Hammer geschlagen, in sehr seltenen Fällen konnten sie auch gegossen werden. Ein großer Vorteil bei der Prägung mit einem Hammer war, dass solcherart geschlagene Münzen schwerer gefälscht werden konnten.
Zur Herstellung der Münzen verwendete man dabei kleine Barren aus Silber, die mit einer Blechschere in sogenannte Zaine zerstückelt und aufwändig bearbeitet wurden, bis man die zur Ausmünzung nötigen Schrötlinge zusammen hatte. Bevor nun die Münze geschlagen wurde, überprüfte man noch das Gewicht, wobei es im Mittelalter allerdings immer auch einige Abweichungen gab.
Zum Schlagen der Münzen bedurfte es Kraft und Erfahrung. Zwischen den Ober- und Unterstempel wurde ein Schrötling gelegt und mit einem oder mehreren kräftigen Hammerschlägen auf den Oberstempel das Münzbild in das Metall geprägt, wobei zuweilen der Stempel verrutschte und das Bild oft doppelt und nicht mehr deutlich zu erkennen war. Zuweilen zerbrach sogar eine Münze beim Schlagen und manchmal wurde auch einfach eine alte Münze überprägt. Es kam auch vor, dass ein nicht zum Unterstempel gehörender Oberstempel genutzt wurde.
Eine interessante Seite über Brakteate mit die Runeninschriften.
Eine fundierte Seite zum Münzwesen findet man bei der Uni Hamburg.
Verfasst von Peer Carstens, Dippoldiswalde 2012
Bildnachweis u.a. Wikipedia