Zur Geschichte des Schuppenpanzers
Panzerschuppen in der Antike
Schuppenpanzer gehören mit zu den ältesten Körperpanzern und wurden von Antike bis Mittelalter neben
Lamellenpanzer und Kettenhemd als Schutz im Kampf getragen.
Der Grund weshalb der Schuppenpanzer eine so lange Zeit bei so vielen Völkerschaften in Verwendung war, ist dem Umstand geschuldet, dass ein solcher mit recht einfachen Mitteln und
vergleichsweise preiswert herzustellen war und dennoch eine gute Schutzwirkung bei gleichzeitiger Beweglichkeit bot.
Schuppenpanzer bestanden aus einer Vielzahl von Plättchen, die auf einer festen Unterlage wie Stoff oder Leder oder einem Strohgefüllten Kissen angebracht waren wobei das
Trägermaterial in der Regel aus mehreren dünnen, miteinander versteppten Lagen gefertigt war. Als Material für die Panzerschuppen wurde Leder, Knochen, Horn, Bronze und Eisen verwendet.
Die Schuppen konnten dabei unterschiedliche Formen haben und es gab neben wappenförmigen und
schildartigen Schuppen auch solche in rechteckiger, D-förmiger oder tonnenartiger Form. Je nach Verwendung hatten diese Schuppen zwei, vier, acht oder sogar 12 Löcher zur Befestigung.
Die Panzerplatten waren entweder direkt miteinander verbunden oder dicht nebeneinander festgenietet oder überlappten sich fischschuppenartig.
Schon
im alten Ägypten wurden seit dem 16. Jahrhundert v. Chr. Schuppenpanzer als Körperschutz verwendet. Man fertigte ihn aus Leinen- oder Lederpanzer, den man mit Bronzeplättchen oder Panzerschuppen aus gehärteten Leder besetzte.
Der Schuppenpanzer wurde sogar im
jüdisch-christlichen Kontext genannt. So heißt es in der Bibel im ersten Buch Samuel in Kapitel 17 zu Davids Sieg über Goliath: „Und ein Vorkämpfer trat aus den Lagern der Philister heraus, sein Name war Goliath… Und er hatte einen bronzenen Helm auf seinem Kopf und war mit einem Schuppenpanzer bekleidet. Das Gewicht des Panzers betrug 5 000 Schekel Bronze.
Die Griechen und Perser der Antike verwendeten neben Rüstungen aus Bronze ebenfalls Schuppenpanzer bei denen anfangs nur Lederschuppen und
Schuppen aus Bronze zum Einsatz kamen, mit Beginn der Eisenzeit dann aber auch solche aus Eisen.
Der römische Schuppenpanzer
Auch die römischen Legionäre trugen zum Teil Schuppenpanzer, die sog. Lorica squamata (von lat. Squamae, Fischschuppe) eine Art schuppenbesetzter Koller, der noch zur Zeit der
römischen Kaiser als Brustpanzer in Gebrauch war und bei römischen Offizieren und selbst dem Kaiser getragen wurde.
Auf einem ausgeformten Lederstück oder einem mit Stroh gefüllten Kissen aus Leinen als
Unterbau, wurden Teile aus Metall angenietet oder angebunden.
Der bis zu 13 kg schwere
römische Schuppenpanzer hatte einen runden Halsausschnitt sowie kurze Arme und reichte im 1.Jh. n. Chr. ursprünglich noch bis zur Mitte der Oberschenkel, wurde ab dem 2. Jh. n. Chr. dann aber nur noch hüfthoch getragen.
Er wurde wie ein Rock angezogen und auf dem Rücken mit Schnallen geschlossen.
Als zusätzlicher Schutz war der Schuppenpanzer der Römer mit Schulterklappen versehen und mit rechteckigen Schuppen aus Eisen oder Bronze belegt, die 1,5 bis 1,8 mm stark sein konnten. Die Schuppen waren auf der nach unten weisenden Seite
abgerundet oder spitz zulaufend und an den Längsseiten mit Draht untereinander verbunden, wobei ein zusätzliches Loch an der oberen zur Befestigung der Schuppe auf dem Trägermaterial diente.
Eine Variation des römischen Schuppenpanzers war die Lorica plumata, die sich durch die Form ihrer Schuppen von der
Lorica squamata unterschied aber ansonsten genauso konstruiert war. Die Schuppen hatten bei diesem Panzer einen senkrechten Mittelgrat und erinnerten etwas an Vogelfedern (lat. plumae).
Der Schuppenpanzer wurde bis zum Untergang des weströmischen Reiches von Offizieren und Legionären getragen und blieb im oströmischen Reich sogar noch bis in die
byzantinische Zeit weiterhin in Gebrauch, wo er „Klibanion“ genannt wurde. Bei den Reitervölkern des Ostens wie den Skythen, Hunnen und Mongolen waren ebenfalls Schuppenpanzer verbreitet und wurden dort noch bis in die Neuzeit getragen.
Der Schuppenpanzer im Mittelalter
Nach den Wirren der Völkerwanderungszeit entdeckten die Franken der Karolingerzeit im frühen Mittelalter den Schuppenpanzer neu und statteten die schwerbewaffneten
Panzerreiter der fränkischen Kavallerie neben dem Kettenhemd auch mit Schuppenpanzern aus.
Diese sogenannte „Brünne“ bestand bei den Franken in der Regel aus einer Art ledernen Tunika, auf die fischschuppenartig
eiserne Plättchen aufgebracht waren, die gegen Pfeile, Speere und leichte Schwerthiebe schützen.
Bei ihren Fahrten auf den Flüssen Russlands kamen auch die Wikinger und insbesondere die Rus mit östlichen Völkern wie den Magyaren, Petschenegen und Byzantinern in Kontakt und übernahmen von diesen den Gebrauch von Schuppenpanzer. So haben sicher auch die Wikinger der byzantinischen
Waräger-Garde den Schuppenpanzer gekannt und vermutlich im westlichen Russland verbreitet.
Bei den Nachfolgern der Wikinger, den Normannen, war als Panzer zwar hauptsächlich das Kettenhemd verbreitet, der
Teppich von Bayeux zeigt jedoch auch etwas, das man als Schuppenpanzer ansprechen könnte, was jedoch möglicherweise auch nur ein Steppwams zeigt.
Im Spätmittelalter entstanden unterschiedliche Formen des Schuppenpanzers, wie die
Brigantine, die im 14. Jh. hauptsächlich das einfache Fußvolk gebrauchte während sich die Ritter kostbare Plattenpanzer leisteten, wobei die Brigantine einen recht guten Kompromiss aus Beweglichkeit und Schutz darstellte.
Die Brigantine bestand in der Regel aus zahlreichen Metallplättchen, die zwischen zwei Lagen aus gestepptem Leinen, Leder oder Samt genietet wurden, wobei die
Nietköpfe an der Außenseite des Oberstoffes oft in Dreiergruppen sichtbar blieben und der Brigantine ihr typisches Aussehen gaben.
Weitere Formen der Brigantine waren das im 16. und 17 Jh. in England gebräuchliche „Jack of Plates“, eine Art Steppwams mit
eingenähten Metallplättchen und die in Osteuropa verbreitete „Cheshuia“, bei der sich die Panzerplatten auf der Außenseite befanden.
Auch im japanischen Mittelalter wurden Schuppenpanzer verwendet, die aus kleinen, lackierten Streifen aus Bambus oder Eisen bestanden, die durch Metallringe oder
kräftige Kordeln miteinander verbunden waren. Diese Panzer waren leicht und flexibel und dabei zugleich sehr widerstandsfähig und gaben ihrem Träger gute Bewegungsfreiheit.
Literaturhinweise
– Ortwin Gamber, Waffe und Rüstung Eurasiens: Frühzeit und Antike : ein waffenhistorisches Handbuch, Verlag Klinkhardt & Biermann, 1978
– Evgeniĭ Vasilʹevich Chernenko, Die Schutzwaffen der Skythen, Prähistorische Bronzefunde, Verlag Franz Steiner Verlag, 2006