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Die Taschen der Germanen

Die Entwicklung der Gürteltasche von den Römern bis zum frühen Mittelalter

Wann immer auch Menschen gelebt hatten, standen sie vor der Aufgabe ihr Hab und Gut am Körper mit sich zu führen.

Das Messer fand seinen Platz am Gürtel, einige Germanen brachten auch gleich den Wetzstein dort unter, den Löffel steckte man sich häufig einfach hinter das Hutband. Und das Toilettenbesteck ließen die Frauen der Wikinger einfach an Bändern von ihren Fibeln baumeln...

Bliebe noch das Kleingeld und anderer Kleinkram. Hierfür eigneten sich bestens kleine runde Beutel, die man an den Gürtel knotete, oder flache Futterale, die man sich unter das Wams schob, wo sie sicher verstaut waren. Und viel mehr an Hab und Gut brauchte man wohl auch in der Regel nicht bei sich zu tragen.
Das mag erklären, weshalb Gürteltaschen bis zum späten Mittelalter im Fundmaterial nur ausgesprochen selten anzutreffen sind.

Natürlich bestanden Taschen aus organischem Material wie Bast, Stoff oder Leder, das die Zeiten nur schlecht überdauerte. (Allerdings haben sich andere Artefakte wie Lederschuhe durchaus erhalten.) Auch die Bildquellen geben nicht viel her. So muss man deutlich feststellen, Gürteltaschen waren eher selten anzutreffen – doch immerhin, es gab sie.

Als älteste Taschenform überhaupt dürfte der runde Beutel gedient haben, bei dem man nur rundherum ein paar Löcher in den Rand eines Lederstücks bohren und einen Lederstreifen hindurchziehen musste. So erhielt man einen praktikablen Beutel, der sich einfach an den Gürtel knoten ließ.

Solch einen Lederbeutel trug daher auch schon Ötzi mit sich, der bekanntermaßen der jüngeren Steinzeit entstammte. Noch heute sind solche einfachen Beutel in Gebrauch, und sie haben über mehrere tausend Jahre nichts von ihrer Funktionalität eingebüßt.

Schöne Nachbildungen historischer Taschen findet ihr übrigens auch hier.

Gleich danach dürfte wohl in der Geschichte der Menschheit der flache, rechteckige Sack aufgetreten sein, bei dem bloß rundherum die Seiten geschlossen werden mussten, und der sich auch für etwas sperrigeres Gut eignete. Der Sack benötigte im Gegensatz zum Beutel weniger Material und war in jeder Größe denkbar. Zudem ließ er sich an einem langen Band auch einfach über die Schulter hängen. Und so trugen noch die Soldaten der Neuzeit für ihre Marschverpflegung schlichte Säcke aus Stoff bei sich.

Doch weder Sack noch Beutel sind Gürteltaschen im eigentlichen Sinne. Die Römischen Legionäre kannten jedoch bereits Gürteltaschen. Von ihnen ist auch die Pera bekannt, die sogenannte Soldaten-Tasche aus Leder, die sich der Legionär über die Schulter warf oder an sein Marschgepäck nestelte.

Charakteristisch für die römische Pera waren diagonal aufgebrachte Streifen, die der Tasche die nötige Stabilität verliehen. Vom Schiffswrack von Commachio ist zudem ein eckiger, römischer Legionärs-Tornister aus Leder bekannt, der etwas an einen Schulranzen erinnert und mit zwei Lederbändern geschlossen wurde.

Die Germanen vor Beginn der Völkerwanderungszeit geben keinen Hinweis auf Gürteltaschen und nicht einmal in den reichen Mooropfer-Funden von Vimose, Nydam oder Thorsberg hat sich eine einzige Gürteltasche erhalten.

Im Grab des Fürsten von Gommern aus dem 3. Jh. hat sich zumindest eine Schnallengarnitur erhalten, die Hinweis auf eine Gürteltasche geben könnte.

Es gibt jedoch eine gut erhaltene alamannische Tasche aus Leder aus dem 7. Jh., die heute im Musem von Krefeld-Gellep ausgestellt ist und eindeutig als Gürteltasche zu erkennen ist. Hier findet man bereits alles, was man von einer Gürteltasche erwarten darf:  Zwei Schlaufen, einen geräumigen Innenraum, eine Taschenklappe und den Verschlussriemen mit Schnalle.

Dann ist noch eine weitere germanische Tasche aus dem alamannischen Grab von Dortmund-Asseln bekannt, die vermutlich an einem Gürtelgehänge herabhing und mit U-förmigen Bronzebeschlägen rund um den Taschendeckel versehen war.

Daneben gibt es eine ganze Reihe alamannischer und fränkischer Funde von pferdekopfartigen Bügeln, die scheinbar als Aufhängung für das Leder einer Gürteltasche gedient haben. Die Taschenbügel waren oft mit kostbaren Almaldineneinlagen versehen, die sich sicher nicht jeder hatte leisten können, und daher waren diese Taschen vielleicht eher Ausdruck von Rang und Würde und weniger übliches Allgemeingut.

Von den Franken der Merowingerzeit sind darüber hinaus auch eine ausladende Tasche mit aufwändigen Randbeschlägen aus Bronze und Schnallenverschluss bekannt, von denen sich allerdings nur die Metallteile erhalten haben. Sie hing ebenfalls an einem Bügel und wurde mit einer kleinen Schnalle verschlossen.

Eine von der Form her ganz andere Tasche findet sich im berühmten Bootsgrab von Sutton Hoo in England, die allerdings nordischen Ursprungs ist und ins 7. Jh. datiert. Die Tasche von Sutton Hoo gehörte jedoch einem angelsächsischen König oder hochstehenden Adligen und ist entsprechend kostbar mit Zierplatten im nordischen Stil beschlagen, wie es dem Geschmack der Zeit entsprach.

Aus der Zeit der Wikinger gibt es eine Unmenge von allen möglichen Funden, allerdings nur recht wenig Gürteltaschen. Beutel waren bekannt, wie unter anderem die Funde aus dem Hafen von Haithabu zeigen, und aus der Zeit um 800 kennen wir von der Siedlung Elisenhof eine ganz schlichte, flache Tasche aus Leder, die allerdings keine Gürtelschlaufen hatte und vermutlich einfach hinter die Kleidung gesteckt wurde.

Daneben finden sich in der Wikinger-Zeit auch Taschenbügel aus Horn und Holz, an denen vermutlich eine beutelförmige Tasche aus Stoff oder Leder befestigt war.

Regelrechte Gürteltaschen sind in mehreren Exemplaren aus der Wikinger-Stadt Birka bekannt und waren oft kostbar beschlagen. Doch diese Taschen sind eigentlich magyarischen Ursprungs und gehören zur Tracht der ungarischen Reiternomaden und sind damit nicht wirklich der Kultur der Wikinger zuzurechnen.

Die Taschen wurden vermutlich hauptsächlich von Fernhändlern aus dem Osten getragen und gelangten so in den Norden. Die meisten Wikinger dürften daher wohl eher Beutel in runder und eckiger Form verwendet haben.

Verfasst von Peer Carstens, Dippoldiswalde 2011

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